Pilotprojekt Erwachsenenbildung Automatikmonteur:in EFZ

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Leister Einblick6. Aug. 2021

Janine Kaufmann (39) und Alberto De Sousa (42) von der Leister Technologies AG waren bei der zweiten Pilot-Klasse zur Erwachsenenbildung „Automatikmonteur:in EFZ“ im Kanton Obwalden dabei. Über ihre Erfahrungen berichten sie im Interview.

Interview: Silke Landtwing, Corporate Communication Manager, Leister Schweiz

100 % Arbeitspensum plus Unterricht am Freitagabend

Im Unterschied zur normalen Lehre haben Janine und Alberto jeweils am Freitagabend die Schule besucht. Zusätzlich hatte Alberto immer dienstags allgemeinbildenden Unterricht per Skype. Beide haben die Ausbildung berufsbegleitend gemacht und ihr normales Arbeitspensum bei Leister beibehalten. Dadurch mussten sie keine Lohneinbussen in Kauf nehmen.

Einsatz und Mühe haben sich gelohnt, denn inzwischen haben sie die Abschlussprüfung erfolgreich bestanden. Alberto sogar mit „Ehrenmeldung“, weil er die Abschlussnote 5.4 hat. (Ab der Note 5.3 gibt es in der Schweiz diese Auszeichnung.) Lesen Sie im Interview was Janine und Alberto über ihre Ausbildungszeit berichten und ob sie die Ausbildung weiterempfehlen.

Janine, Du hast bereits erfolgreich die Berufsausbildung Floristin EFZ abgeschlossen. Wieso hat es dich gereizt, diese zweite Ausbildung zu absolvieren?

Ich hatte schon länger überlegt, eine Aus- oder Weiterbildung zu machen, denn die Arbeit bei Leister gefällt mir sehr gut und ich wollte mich weiterentwickeln. Nur in welche Richtung diese Weiterbildung gehen sollte, wusste ich nicht so genau. Denn eine „normale“ Lehre kann für mich rein finanziell nicht in Frage. Irgendwann hat mein Vorgesetzter Markus Rohrer mit mir über die Ausbildung als Automatikmonteurin EFZ (EFZ ist die Abkürzung für „Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis EFZ“. Dies ist ein Teil der Bezeichnung von Schweizer Berufsausbildungen.) gesprochen und mir Informationsmaterial gegeben. Nach kurzem Überlegen wusste ich, dass das die perfekte Ausbildung für mich ist. Denn ich musste mein Arbeitspensum deshalb nicht reduzieren und die Nähe von meinem Wohnort zum Unterricht im Berufs- und Weiterbildungszentrum Obwalden (BWZ) war ideal. Zudem fand ich die Ausbildungsdauer von zwei Jahren einen optimalen Zeitrahmen.

Alberto, das ist das erste EFZ, das Du erfolgreich abgeschlossen hast. War es eine einfache Entscheidung für Dich, „Ja“ zu dieser Weiterbildung zu sagen?

Nein, so leicht war das nicht. Ich hatte ein erstes Gespräch mit meinem Vorgesetzten Peter Christen, in dem er mir das Angebot unterbreitet hat. Dieses Gespräch war der „Zünder“. Peter motivierte mich mitzumachen und gab mir wertvolle Tipps auf den Weg. Nach dem Gespräch brauchte ich erst einmal etwas Bedenkzeit. Denn meine Frau ist berufstätig und wir haben zwei schulpflichtige Kinder. Ich habe mir deshalb schon Gedanken gemacht, ob das nicht zu viel wird. Dann folgten Gespräche mit der ganzen Familie. Für alle war rasch klar, dass ich diese Chance auf keinen Fall verpassen sollte, und sie würden mich dabei unterstützen. Für Carla, meine Frau, hiess das, neben Beruf, Haushalt und vielen anderen Verpflichtungen, auch noch einen Teil meiner Vaterrolle zu übernehmen. Mein Bruder und seine Frau haben die Pflege unserer Eltern übernommen. Erst als ich sicher war, dass ich genügend Unterstützung haben würde, konnte ich zusagen.

Frage an Euch beide: Welche Aufgaben haben Automatikmonteur:innen in der Praxis? Oder anders gefragt: Welche Aufgaben erwarten Euch als Automatikmonteur:in in der Praxis – also hier bei Leister?

Janine: Bei Leister bestücke ich elektronische Schaltungen, Löte mit der Lötmaschine oder von Hand und prüfe teilweise die Schaltungen. Darüber hinaus verdrahte ich Baugruppen und Steuerungen, die für die Schweissautomaten benötigt werden. Auch Kabelverarbeitungen gehören zu meinen Tätigkeiten. Zudem stehen täglich verschiedene Mess- und Prüfarbeiten auf meinem Programm.

Alberto: Im Grossen und Ganzen bleiben meine Aufgaben in etwa gleich. Was sich aber geändert hat, sind meine Perspektiven. Ich verfüge jetzt über neue Kenntnisse und Fähigkeiten, die mir helfen, meine Tätigkeiten bei Leister noch erfolgreicher auszuüben. Ohne das Rad neu erfinden zu wollen, hinterfrage ich Prozesse und strebe Optimierungen an. Und es macht mir Freude, mein Wissen an mein Team weiterzugeben.

Was war Eure grösste Herausforderung während dieser zwei Ausbildungsjahre?

Janine: Während der Ausbildung gab es mehrere Herausforderungen. Die erste war, nach so langer Zeit wieder die Schulbank zu drücken und wieder zu lernen. Auch das Homeschooling forderte sehr viel Disziplin. Eine weitere war dann im Sommer 2020 die praktische Zwischenprüfung. Schon kurz danach haben die Gespräche für die Vorbereitung der individuellen praktischen Arbeiten (kurz IPA) stattgefunden. Die IPA habe ich im Februar 2021 absolviert und sie war für mich die grösste Herausforderung während der Ausbildungszeit. Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es dann ans Lernen für die schriftlichen Prüfungen, die im Juni 2021 stattgefunden haben.

Alberto: Das Koordinieren von Beruf, Familie und Schule plus einem hohem Anteil Selbststudium waren für mich schon eine ziemliche Herausforderung.

Wer hat Euch dabei unterstützt?

Janine: Ich konnte immer auf die Unterstützung meines Freundes und meiner Familie zählen. Auch mein Vorgesetzter Markus Rohrer war eine wertvolle Unterstützung für mich. Ihn konnte ich immer fragen, auch wenn ich die Aufgaben in der Schule nicht ganz verstanden hatte. Für die IPA habe ich Andreas Molin sehr viel zu verdanken. Er war mein Fachvorgesetzter und stand mir immer zur Seite.

Alberto: Meine Liste ist lang. Ich wurde von einem hervorragenden Team begleitet und beginne mit meinem Vorgesetzten Peter Christen, mein Mentor von Anfang an. In den entscheidenden Phasen hat er mich motiviert und mir das nötige Selbstvertrauen gegeben.

Auch mein Fachvorgesetzter Andreas Molin hat mir sehr geholfen. Neben allem anderen hat er meine IPA mit Peter Christen geplant und stand mir bis zum Abschluss zur Seite.

Wertvolle Unterstützung hatte ich zudem von Thomas Müller, Leiter Berufsbildung bei der Maxon Motor AG, und seinen Teamkollegen Bruno Rütter, mechanische Bearbeitung, und Hubert Ammann, Verdrahtung/Prüfen, die bis zur IPA meine Ansprechpartner waren.

Alberto: Du bist Familienvater und arbeitest 100%. War es schwierig, Familie, Job und Ausbildung und unter einen Hut zu bringen?

Ja sehr. Ich hatte viel zu wenig Zeit für meine Familie. Seitdem weiss ich es noch mehr zu schätzen, wie bedingungslos sie für mich da ist.

Janine: Wie hast Du diesen zusätzlichen Aufwand empfunden?

Der zeitliche Aufwand war für mich im ersten Jahr höher als im zweiten. Im ersten Ausbildungsjahr habe ich im Schnitt sechs bis acht Stunden pro Woche für die Schule gelernt. Dazu kam noch die Vorbereitungszeit für die Zwischenprüfung.

Bei der Maxon Motor AG in Sachseln wurden wir auf die Prüfung vorbereitet. Ich habe dafür viele Halbtage investiert. Hier kam mir die Kurzarbeit entgegen, die wir vorübergehend wegen den Auswirkungen der Corona-Pandemie hatten.

Auf was seid Ihr besonders stolz?

Janine: Dass ich die Ausbildung nach Artikel 32 erfolgreich bestanden habe. Es ist ein sportlicher Zeitplan, in so kurzer Zeit so viel zu lernen und die verschiedenen Prüfungen zu absolvieren.

Alberto: Ich bin stolz über mein Durchhaltevermögen und darauf, dass ich das eidgenössische Fähigkeitszeugnis (EFZ) mit so einer guten Note erlangt habe.

Empfehlt Ihr diese Ausbildung weiter? Wenn ja, wem und warum?

Janine: Die Ausbildung empfehle ich weiter. Sie ist sehr interessant und abwechslungsreich. Das Einzige, das mir im Unterricht gefehlt hat, waren noch mehr Praxisbeispiele. Ich empfehle die Ausbildung allen, die bereit sind, in zwei intensive Jahre zu investieren und sich für den Lehrgang interessieren. Auch der Austausch mit den anderen Lernenden war sehr wertvoll.

Alberto: Die Ausbildung empfehle ich allen, die sich für Elektrotechnik und Mechatronik interessieren, in diesem Bereich arbeiten oder ihre Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern möchten.

Angenommen ich habe Interesse, bei wem melde ich mich dann bei Leister?

Janine und Alberto: Bei Erika Windlin, Leiterin Ausbildungswesen bei der Leister Gruppe.

Möchtet Ihr jemandem danken?

Janine: In erster Linie danke ich allen Involvierten bei Leister. Denn ich finde es nicht selbstverständlich, dass ich die Möglichkeit erhalten habe, diese Ausbildung zu absolvieren. Ich sehe das als hohe Wertschätzung. Ein grosses Dankeschön auch an unseren Dozenten. Für ihn war es nicht immer einfach, so viel Fachwissen in kurzer Zeit zu vermitteln. Es gäbe noch viele andere Personen, die ich erwähnen könnte. Damit ich niemanden vergesse, danke ich an dieser Stelle allen, auf deren Hilfe ich zählen durfte.

Alberto: Ich danke allen, die ich vorher bereits erwähnt habe, für ihre wertvolle Unterstützung. Nach dem Abschluss der obligatorischen Schulzeit im Jahr 1995 hat mich Leister eingestellt. Jetzt, fast 26 Jahre später, bin ich Leister sehr dankbar, dass ich diese Ausbildung absolvieren durfte. Und ich danke allen Arbeitskollegen:innen für ihre Hilfe.

Auch Dir, Silke, danke ich herzlich, dass Du geduldig auf meine Antworten für dieses Interview gewartet hast. Die Zeit war irgendwie immer zu knapp (lacht). Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen. Wenn doch, bitte ich im Voraus um Verzeihung.

Vielen Dank an Euch beide für das interessante Gespräch und den Einblick in zwei spannende Lehrjahre. Und natürlich im Namen von Leister ganz herzliche Gratulation zum erfolgreichen Abschluss Eurer Ausbildung.